söndag, september 24, 2006

Finnland, Herbstanfang

Gleich hinter in IKEA beginnt Nuuksio. Nuuksio ist ein Nationalpark. Gucken, Laufen, Wandern, Sitzen, Wasser, Bäume, Schlangen, Sauna, Natur total. T., unsere Freundin und Anwältin des Vertrauens, und ihre Gang haben mir den Samstag versüßt: Picknick am Wasser, Rentierschnitten, Käsebaguette, Kindergeschrei, Ameisen. Wieder zu Hause, in Finnland. Dabei auch gute Gespräche. T. ist traurig, diese ganze Expat-Kommen-und-Gehen, ginge ihr auf die Nerven. Freundschaften mit Mindesthaltbarkeitsdatum, LBFS= location best friend syndrom, so kann man es nennen. Wie lange wir denn noch bleiben, will sie wissen und das frage ich mich, wir uns auch.


Das Heimatland für ein gewisse Zeit zu verlassen, vielleicht ein Jahr als AuPair, ERASMUS-Student, wegen eines Schüleraustausch, für ein Praktikum oder eine lange Reise, wird immer normaler. Die Weltenbummler lernen neue Sprachen. Gucken hier und da. Dann kehren sie zurück, nach Hause.

Wenige kehren ihrer Heimat den Rücken. "Für immer", was auch immer das heißen mag.

Es gibt die richtigen Expats, jene, die für Botschaften arbeiten oder Aussenhandelskammern, an Auslandsschulen oder einen zeitlich begrenzten Vertrag haben bei einer Firma. In Finnland heißt der Arbeitgeber in diesem Fall oft Nokia. Diese Leute kommen, gucken, arbeiten viel, schließen schnell Freundschaften oder gar nicht erst. Die Zeit ist kurz. Alle Sachen, die man in der Nähe des jeweiligen Wohnortes gemacht werden sollten, werden gemacht. Für Finnland bietet sich eine Reise nach Lappland an. Auch Schweden, die baltischen Staaten und Russland liegen nur einen Steinwurf entfernt und werden dann be-und abgereist. „been there, done that, sometimes t-shirt“. Richtig eintauchen in das Land, die Sprache, nein, das lohnt oft nicht. Nach zwei Jahren oder drei ist der Spass vorbei, wieder zurück nach Hause oder auf zur nächsten exotischen Station.

Dann letztlich, Leute wie wir Agathe, David, Arabella, Dirk-Jan. Unsere Arbeitsverträge sind unbefristet, das Studium nebenbei auch unter einen Hut zu bringen. Immer mehr Freunde entscheiden sich einen PhD in Finnland zu machen. Die Arbeitgeber sind flexibel, das Leben hier angenehm. Wir schätzen die Ruhe, die Natur, die Sicherheit als Arbeitnehmer, das Sozialsystem, auch wenn wir es selten in Anspruch nehmen. Das Bildungssystem, ganz große Klasse, wie man vor allem in Deutschland weiss. Wer als Ausländer Nachwuchs in Finnland bekommen will, wird genauso unterstützt wie die Finnen. Dreiwöchiger Vaterschaftsurlaub ist so normal wie kostenlose Kindergärtenplätze und Lohnfortzahlungen während des Mutterschaftsurlaubs. Alles Banane im Land des Weihnachtsmannes.

Und trotz allem, sitzen wir auf halben Koffern. Kaum Möbel hier. Kaum Erinnerungsstücke. Bücher und Papiere, gut verpackt bei den Eltern in Deutschland, Holland, Frankreich und Kanada. 'Hol ich ab, wenn ich groß bin und weiss, wo ich hingehöre. Wenn ich ein Haus habe und Kinder, im Land der Träume lebe und dann für immer und alle Tage glücklich bin.', so dachte ich es mir.
Warum diese Zeilen, jetzt, so? Weil ich hier bleibe, für die nächste Ewigkeit. Weil ich mich versöhnt habe mit diesem Land, in dem es für mich sehr unangenehme Zeiten gab. Allein. Ohne Freunde. Ohne die Sprache sprechen zu können. Krank. Ohne Familie um die Ecke. Ich habe Freunde gefunden habe, die keine LBF’s sind. Dieser Eintrag auch, weil ich mit meiner Mutter telefoniert habe und gesagt habe, dass die andere Hälfte des Koffer nun auch nach Finnland muss.

1 kommentar:

Anonym sa...

Hat wohl einige Zeit reifen müssen, diese Entscheidung. Freut mich aber für dich!

War selbst mal ein Erasmus-Jahr dort und hatte irgendwie nicht den Mut, zu bleiben...