lördag, maj 09, 2009

HCR 2009 No Chip no time

Vielleicht war es auf Hydra oder Poros, als er sagte, wie schön es doch wäre, wenn die anderen auch mit von der Partie wären. Zwei mal in der Woche, am Abend, das müßte doch gehen. Dem M. würde es sicher gut tun und du hast auch gesehen, wie der D. sich verbessert hat. Ich denke, 'ja ja', und er dreht seine Runden während ich mir noch eine Weinschorle bestelle und den Hafen begucke, über dem die Sonne untergeht. Ich winke den norwegischen Nachbarn zu. Jede halbe Stunde schlägt die Kirchturmuhr. 'Er müßte längst wieder hier sein.', denke ich und hoffe, er hat sich nicht verlaufen oder sich verklettert oder beides.
Seine Beine sind mit Schrammen überseht und sein Gesicht ganz schmutzig und verschwitzt. Er zeigt auf den Berg. Dort oben sei er gewesen. "Prima Aussicht, liefje! Herrlich."

Wir treffen die L. im in Rom. Wir sitzen am Ausländertisch der Hochzeitsgesellschaft und amüsieren uns prächtig. Ja, sie lebe auch in Helsinki und sie laufe gern. Es dauert keine Woche und wir treffen uns zum ersten Mal, an der Brücke. Der I., der M. und ich haben uns über den Berg gequält, halb laufend, halb kriechend. Es ist kalt, aber das macht nichts, weil wir schon nach 10 Minuten leichten Trabens mit roten Köpfen durch den finnischen Abend laufen.

Wir treffen uns nun jeden Dienstag und Donnerstag, an vielen Sonntagen auch. Wir rufen den Hasen hinterher "Bugs! Bugs!". DJ und der M. laufen sogar im Blizzard, Ende November. Die Temperaturen steigen nicht mehr über 0°C. Die L, Italienerin und der I., Spanier, laufen tapfer. Der M. und ich fluchen auf Deutsch. Wer uns hören kann, versteht uns nicht. Dem I. aus Spanien wird es irgendwann zu kalt. Auch das Anrufen hilft nicht. Sturheit sage man den Menschen aus Asturien nach, meint er. Bei - 16°C und Sonne ist es dann auch der L. zu kalt. Sie ist froh, nicht als erster Südeuropäer das Handtuch geworfen zu haben. Der M. berichtet nach Weihnachten, dass seine Mutter sich ob des leichteren Körpers des ältesten Sohnes fast erschrocken hatte.
Bei -18°C laufen der L., der M. und ich selbst noch die kleine, grosse Runde und hoffen auf höhere Temperaturen.

Der Winter dauert länger als wir dachten. Irgendwann führt uns die Laufroute sogar über das Eis.

Ein paar Mal laufen wir die 16km, nicht ganz am Stück durch, aber immerhin. Durch Schneematch, auf Eis, im Schneeregen. Das wäre doch zu gefährlich, nicht gut für die Knie oder die Lunge, hören wir Freunde und Familie sagen. Sonntagabends, wenn der Schnee auf den Schuhen zu Wasser geworden ist und die Socken durchgeweicht sind, blinzeln wir neugierig in die beleuchteten Fenster. Man kocht. Man sieht fern. Man liest Kindern vor. Irgendwo wird eine Flasche vom Roten entkorkt.

Der M., der sich über die letzten Monate schon einige Kilos abgerannt hat, meint, dass die ja nur faul wären und es immer noch besser wäre möglicherweise zu fallen als sicherlich Pfunde anzusetzen. So muntern wir uns gegenseitig auf.

Vor zwei Wochen war es dann soweit.
Danach gab es Champagner, der L., der alte Franzose, verkippte fast die halbe Flasche vor lauter Glück. Die L. hat mich kurz vor dem Ziel noch eingeholt, aber das war egal. Wir haben geschafft, was viele von uns bis vor einigen Monaten für absurd gehalten haben. Wir sind 17.4km gelaufen und zwar in sehr passablen Zeiten.

Und heute?

Der M. kommt nun doch nicht mit, dafür aber der C. Wir beginnen in verschiedenen Gruppen. Die T-Shirts und die Chips für die Zeitmessung liegen vor mir. Halbmarathon. DJ hat bisher als einziger von uns einen Halbmarathon bestritten.

Die ersten 10km will ich unter 1h laufen, die zweiten unter 1h10. Der Wind pfeifft durch den Kaminschacht. Es regnet heute zum ersten mal nach Wochen.

Es kribbelt schon im Bauch. So wie früher in der Schule, bevor wir vor der Klasse ein Lied singen mußten: Würde ich die Melodie halten können? Würden die Jungs sich wieder die Ohren zu halten? Würde ich anfangen zu lachen und mein Lied nicht zu Ende bringen können? Diese Selbstzweifel. Irgendwie war man allein. Aber alle mußten es ja machen und deswegen war es leichter und am Ende, da war es immer gut. Und viel besser als erwartet.